Target: Yurij G. Barijchev

Dies ist ein Einstiegspiel für Yurij G. Barijchev, weil er den Wunsch geäußert hat, noch vor seiner Eingliederung in die Schule zu starten. Hier geht es also um ein paar Stunde VOR Beginn des InGame-Spiels.

Teilnehmer sind Yurij G. Barijchev und Alexander Jones.

Die Maschine ruckelte, wie sie auf der Rollbahn aufsetzte, während das aufdringliche Brummen und Pfeifen der Turbinen langsam leider wurde. Mit einem erneuten kräftigen Ruck kam die Maschine zum Stehen, erweckte augenblicklich aufgetegtes Gemurmel und eifriges Getrappel im Rumpf des großen Fliegers.
Lediglich ein Mann schien völlig unberührt von der ganzen Aufregung um ihn herum. Die katzenartigen Augen träge geschlossen, hing Yurij wie eine Leiche in seinem Sitz. Ein Eindruck, der von seiner blassen Haut und flachen Atmung nur verstärkt wurde.
Dr. Barushkin, sein Begleiter knurrte, verärgert ob der mangelnden Reaktion, und zerrte ihn grob an seinem Handfesseln auf die Füße. Dass es keine gute Idee war, den mysteriösen Mann zu berühren, hatte er schon lange gelernt - auf die harte Tour. Irgendwann hatte er aufgegeben die Hämatome und Abschürfen durch die Attaken seines Schützlings zu zählen. "Nun komm schon, auf mit dir, Barijchev, Mr. Jones hat nicht ewig Zeit", murrte der knabenhaft wirkende blonde Psychiater, verstimmt vom langen, unkomfortablen Flug. Immerhin hatte er, im Gegensatz zu seinem Patienten kein Auge zu getan. Der Mann war schließlich war schließlich alles andere als ungefährlich und bedurfte peinlich genauer Aufsicht.
Wie in Zeitlupe öffneten sich Yurijs schwere Lider, gaben leuchtend graugrüne, jedoch völlig leer blickende Augen frei, die sich mit Eiseskälte in den Arzt bohrten, der ungerührt die Rucksäcke auf seinen Schultern zurecht zog. Eigentlich hatte Yurij gehofft in Barushkin endlich einen Arzt gefunden zu haben, der tough und fähig genug war mit ihm zurecht zu kommen, doch nein, wieder eine Verlegung, und damit neues Chaos, das unweigerlich auf ihn hereinbrechen würde. Begeisterungsstürme durfte da keiner von ihm erwarten. Die Ketten, die seine Hand- und Fußfesseln rasselten, wie er mechanisch hinter dem forsch vorantrabenden Blonden drein stolperte.
Am Gate angekommen, hielt Barushkin wachsam die Augen nach dem Hunter offen, der ihm sein Sorgenkind endlich abnehmen würde. Lange brauchte er nicht suchen, um Jones zu finden, der mit einem Schild auf dem ihre Namen pragten bereitstand. Zielstrebig ging er auf den Wartenden zu und reichte ihm mit gewinnendem Lächeln die Hand. "Dr. Janush Pjotrevich Barushkin, sehr erfreut, Mr. Jones", begrüßte er den gutaussehenden Mann höflichund wies er auf sein Anhängsel, der den Hunter seinerseits abschätzig musterte. "Darf ich vorstellen, Yurij Gennavich Barijchev, 34, aus Irkutsk. Vermutlich Empath, seit 14 Jahren wegen Schizophrenie in Sicherheitsverwahrung in diversen russischen Sanatorien", ratterte er pflichtbewusst die Eckdaten herunter und sah sein Gegenüber erwartungsvoll an.

Es gab Tage, da mochte er seinen Job und es gab Tage, da mochte er ihn nicht. Und dann gab es Tage, da lag der Zustand seiner Zufriedenheit irgendwo dazwischen. Heute war letzteres der Fall.
Jones hatte den Auftrag erhalten, einen potenziellen neuen Schüler - oder eine Laborratte - vom Flughafen abzuholen. Entweder er kam in ein Klassenzimmer oder Redfield würde ihn ganz wo anders hinschicken. Aber im Grunde konnte es ihm egal sein, solange er seine Bezahlung dafür bekam.
Hunter - Kopfgeldjäger - Söldner ... Nein, ein Söldner war er nicht. Er arbeitete nicht für jenen, der am besten zahlte. Er arbeitete für die MSA und niemanden sonst.
Sich reichlich alben mit dem Schild vorkommend, wartete er, bis die Gesuchten endlich bei ihm eintrafen. Seine Augen verengten sich kurz, als der bubenhafte Arzt seine Daten auf Englisch herunterratterte. Hatte in der Akte nicht gestanden, dass Yurij kein Englisch sprach? Dass er nur russisch verstand? Wie taktlos von dem Doktor. Das machte ihn sofort wieder unsympathisch.
Jones verzichtete darauf, sich vorzustellen. man kannte ihn ja offenbar. Die Worte des Mannes nickte er nur kurz ab, dann deutete er auf die Ketten.
"Was sollen die Fesseln?", fragte er auf russisch und sah erst den Arzt, dann den potenziellen Empathen an. "Ich sollte einen potenziellen Schüler in Empfang nehmen und keinen Gefangen. Machen Sie ihn los."
"Mr. Jones! Ich kann unmöglich ...", rief der Arzt empört. Jones sah ihn ausdruckslos an.
"Sie können sehr wohl. Machen Sie ihn los. Ich werde schon mit ihm fertig, wenn er Probleme machen sollte." Damit rechnete er allerdings nicht. Er wusste, wie man mit Empathen umging und war eigentlich immer eine angenehme Gesellschaft für sie gewesen. Ruhig und ausgeglichen, niemals aufbrausend und stets kontrolliert. Ganz davon abgesehen ... war er ein bestens ausgebildeter Telekinet und würde im Zweifelsfall einfach die Kontrolle über Yurij übernehmen, sollte er sich unschicklich verhalten. Was zu bezweifeln war, denn der arme Kerl sah aus, als hätte man ihm eine ganze Apotheke in die Venen gepumpt.
"Machen Sie ihn los. Jetzt."

Dr. Barushkin war schlicht davon ausgegangen, dass Jones kein Russisch sprach, und Barijchev sich wie üblich sowieso nicht für das Gespräch interessieren würde. Die wichtigsten Informationen hatte er ihm sowieso schon vor dem Flug gegeben, und der Rest war Sache der MSA in seinem Augen. Die erneute Forderung des Hunters die Ketten ab zu nehmen, ließ den Psychiater ungehend etwas blass um die Nase werden. "Aber...", versuchte der junge Arzt nochmals verzweifelt zu widersprechen. Er ist selbst sediert noch sehr gefährlich, dachte er bei sich, doch die dunklen Augen seines Gegenüber blieben unerbittlich. Mit einem unglücklichen Seufzen gab Barushkin schließlich nach und nickte zerknirscht, wärend Yurij der kleinste Hauch eines schadenfrohen Grinsens über die vollen doch blassen Lippen glitt. Es hatte ja doch keinen Zweck weiter zu diskutieren, immerhin hatte er in Kürze den Rückflug an zu treten. Während Jones sich damit beim Doktor mit einem Schlag unbeliebt gemacht hatte, war er in Yurijs Ansehen gleich ein paar Punkte gestiegen. Diesen kleinen Funken Leben sah man dann doch kurz in den totem Iriden aufblitzen. "Nun gut, auf Ihre Verantwortung, Mr. Jones. Behalten Sie ihn gut im Auge, Mr. Barijchev ist sehr kräftig und leicht reizbar", mahnte er nun ebenfalls auf russisch, und sank in die Hocke um die Fußfesseln mit einem kleinen Schlüssel, den er aus seiner Jackentasche kramte. Als er sich erhoben und die Handfesseln ebenfalls gelöst hatte, sah der blonde Arzt seinem Patienten fest und warnend in die leeren Augen. "Barijchev, das ist Mr. Jones. Er wird dich zur Akademie bringen. Ich erwarte, dass du anständig bleibst, gehorchst wenn dir etwas gesagt wird und dass du hart arbeitest. Vergiss nie, dass das vielleicht deine einzige Chance ist, noch etwas aus deinem Leben zu machen. Nutze sie klug", schärfte er seinem gleich Ex-Schützling nochmals in strengem Ton ein, und setzte gleich milder seinen Abschied nach, "viel Glück Barijchev, du kannst es gut gebrauchen. Leb wohl"
"Otchin brijatna", murmelte die angenehm tiefe, dunkle Stimme des potentiellen Empathen schwerzüngig einen Gruß Richtung Jones, als ihm der glatzköpfige Mann vorgestellt wurde. Ganz offensichtlich fiel es ihm schon schwer Barushkins Worten zu folgen, doch er nickte gleichmütig und verabschiedete sich seinerseits, wenn auch deutlich knapper, von seinem Arzt, "Spassiba, Daktar, Disswedanja"
Barushkin wendete sich zu dem wartenden Hunter zurück und drückte ihm einen der Rucksäcke in die Hand. "Hier drin finden Sie neben seiner persönlichen Habe und seinen Papieren einige möglicherweise relevante Auszüge aus seinen Akten", erläuterte der junge Mann nun wieder ganz professionnel.
"Ich werde mich dann verabschieden, mein Rückflug wartet nicht. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Mr. Barijchev. Auf wiedersehen Mr. Jones, es hat mich gefreut Sie kennen zu lernen", verabschiedete der Arzt sich höflich und reichte dem Hunter abermals die Hand, ehe er sich zum Gehen wendete.

Die ganze Zeit hatte Jones nur schweigend dagestanden und die Szene beobachtete, nahm schließlich die Tasche entgegen und musterte ruhig seinen eigenen neuen Schützling - zumindest so lange, bis er ihn bei der Schulleitung abgegeben hatte. Dann würden sie sich vermutlich nie wieder sehen.
Kurz spielte er mit dem Gedanken, dem Mann ein Lächeln zu schenken, verkniff es sich aber. Wozu die Gesichtsmuskeln bemühen, wenn er tatsächlich einem Empathen gegenüberstand. Er würde merken, was in ihm vorging. Würde merken, dass das hier ein Job wie jeder andere war, er weder Angst noch sonst etwas nennenswertes Empfand. Nur die Art von Schutzinstinkt, die er jedem entgegenbrachte, der an seiner Seite reisen sollte.
Als sie endlich alleine waren - er hatte sich dem Arzt gegenüber jedes weitere Wort verkniffen - sah er wieder in die toten Augen des Neuankömmlings. Er war zu alt. Viel zu alt. Entweder er legte recht bald einen Hechtsprung in Sachen ausbildung hin oder er würde draufgehen. Von der Regierung getötet ... keine Seltenheit. Empathen waren wirklich arme Schweine.
"Ich kenne einen Teil deiner Akte und ich werde dich behandeln wie jeden anderen Schüler, den ich an die Akademie bringe auch", sagte er schließlich ruhig. "Wenn du Ärger machst, breche ich dir die Knochen, sollte das notwendig sein. Bist du dir darüber im Klaren, dass weder ich noch irgendjemand an der MorningStar Akademie dir etwas Böses will?"

Durch die starken Medikamente war Yurijs gesammte Emotionswelt so tief in dichtem wattigen Nebel versunken, dass es ihm schier unmöglich war, die Empfindungen des Hunters nach zu fühlen. Das war auch bitter nötig gewesen um den Flug für ihn nicht zu einer Tortur und ihn somit nicht zu einer Gefahr für seine Mitreisenden zu machen. Dennoch besaß er genug instinktive Menschenkenntniss um sich im Klaren zu sein, dass der Glatzkopf ihm zwar nicht feindlich gesonnen war, die Drohung dennoch vollkommen ernst zu nehmen war. Skeptisch hob der Russe eine Braue.
"Das haben sie alle gesagt", entgegnete er trocken, während für einen Moment ein düsterer Schatten böser Erinnerungen über sein ansehnliches, wenn auch arg fahles Gesicht zu gleiten schien. "Wir werden sehen...", räumte er dann jedoch ein klein wenig versöhnlicher zu, immerhin war diese Einrichtung angeblich eine richtige Schule und kein stupides Irrenhaus. '...wohin dieser Weg uns führen wird', fügte er ganz fügte der Empath in Gedanken für sich hinzu.
Träge winkte er eine Bedrohung seinerseits ab. "In diesem Zustand könnte ich nicht mal eine Fliege erschlagen, auch wenn ichs wollte, solang du mich nicht anfasst", stellte er fast gelangweilt, wenngleich etwas spitz klar. Schließlich war es zumeist auch nicht gerade schlau einen so untrainierten, unbeherrschten Empathen zu berühren, wenn es nicht dringend Not tat.
Die dunkelbraunen, struppigen Haare, die ihm matt ins Gesicht hingen, schwangen wie bekräftigend mit, wie der Hüne von Kerl dem Hunter mit einer knappen Kopfbewegung bedeutete, dass er bereit war, seinen Gang nach Ganossa an zu treten.

Jones nickte nur knapp. Damit war alles gesagt, was gesagt werden musste. Er würde den Empathen mit Sicherheit nicht berühren, aber dass das gar nicht notwenig war, um den Mann in Zaum zu halten, erwähnte er nicht. Wozu auch? Yurij würde es merken, wenn es sein musste - und anders würde er ihm wohl auch nicht glauben.
Er nahm das spärliche Gepäck und wies mit dem Arm in Richtung Ausgang. Draußen wartete sein Wagen. Während sie den Flughafen verließen, hielt er sich neben dem Empathen und zückte sein Handy. Eine kurze Nachricht an den Chef geschickt, schon verschwand das Mobiltelefon wieder in seiner Tasche.
Als sie sein Wagen erreichten, verstaute er das Gepäck im Kofferraum und öffnete seinem Fahrgast anschließend die Beifahrertür, damit er sich setzen konnte. Erstens wollte er den Mann aus Sicherheitsgründen nicht hinter sich sitzen haben und zweitens konnte er sich vorstellen, dass ein Mann, der sich wahrscheinlich nur noch an Gefangenschaft erinnerte, es ihm nicht verübeln würde, wenn er ihn wie einen stinknormalen Schüler behandelte.
"Mach es dir bequem. Wir fahren eine Weile."

Folgsam trottete der Mittdreißiger dem Glatzkopf nach, roboterhaft durch die ganzen Medikamente, und schien nichts und niemanden anderen zu beachten. Am Wagen angekommen, wartete er geduldig, bis ihm Einlaß gewährt wurde, eheer sich plump in den Sitz fallen ließ und mit einem leisen Klicken den Gurt einstöpselte. Die Informationen über die Fahrzeit nickte er stumm ab.
Im Gegensatz zu Jones Vermutung konnte er sich sehr wohl noch an das Leben in Freiheit erinnern. Zu behaupten er vermisse es nicht wäre auch eine Lüge, und doch hatte er sich in all den Jahren daran gewöhnt, wie ein Tier eingesperrt und auch gleich einem solchen behandelt zu werden. Es war seine Entscheidung gewesen, diesen Weg zu gehen, und das aus gutem Grund. Für alle war es sicherer, wenn er hinter Schloss und Riegel weilte. Das war seine verdiente Strafe. Umso skeptischer stimmte es ihm, dass ihm eine zweite Chance gewährt werden sollte. Genau genommen war er sich selbst nicht sicher, ob er bereit war sich selbst genug zu vergeben dieses Geschenk überhaupt annehmen zu können. Dass es ein solches war, war ihm durchaus bewusst, genauso wie der Fakt, dass seine Chancen dank seines Alters ehr schlecht waren. Nicht zuletzt wusste er auch sehr genau, was passieren würde, sollte er sich unwürdig erweisen. Durchgeknallten Psychios weinte keiner eine Träne nach, also war es auch Ein leichtes, seinesgleichen aus dem Weg zu räumen. Nachschub gab es genug.
Nachdem er eine Weile schweigend gesessen und aus dem Fenster gestarrt hatte, legte sich sein vergangener Blick auf seinen ebenso wortkargen Begleiter, forschend und durchdringend, wie er eine einzige Frage stellte.
"Traust du ihnen, den Leuten von der Akademie?"

Jones störte das Schweigen nicht. Ganz im Gegenteil. Es war weder unangenehm, noch hatte er das Gefühl, dass ihm eine Gefahr drohte. Trotzdem blieb er die ganze Zeit wachsam, ließ das Radio aus und konzentrierte sich gleichermaßen auf die Straße wie auf seinen Fahrgast.
Als sie die Autobahn erreichten lauschte er wenig überrascht der Frage des potenziellen Empathen. Eine gute Frage. Eine schlaue Frage.
"Ich traue ihrer Leitung, ja. Voll und ganz." Er schwieg einen Moment, wollte es eigentlich dabei beruhen lassen, musste sich dann aber eingestehen, dass er sich nicht darauf berufen konnte, dass Yurij spürte, was ihm sonst noch "auf der Seele lag". Also sprach er auch den Rest der dazugehörigen Gedanken aus: "Ich traue nicht jedem einzelnen dort. Aber Jonathan Redfield ist vertrauenswürdig. Ihm würde ich mein Leben anvertrauen. Er ist ein Empath und er wird wahrscheinlich keine zwei Sekunden brauchen, bis er dir sagen kann, was du bist."
Das musste reichen an Informationen.
Er warf einen Blick in den Seitenspiegel, wechselte die Spur und trat schließlich das Gaspedal durch.

Nachdenklich drehte und wendete der Russe die Worte seines Begleiters gedanklich hin und her. Der Mann wirkte ehrlich, hatte ihm schnell, mit fester Stimme und klaren Worten geantwortet. Keine Lüge, keine Ausflüchte, keine Schönmalerei. Zumindest nicht soweit er dies so erkennen konnte, nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Klar, schwarze Schafe gab es überall, so sicher wie das Amen in der Kirche. Dies zu bestreiten hätte den sonst so überzeugenden Muskelprotz nur unglaubwürdig wirken lassen, so beruhigte diese kleine Minderung Yurij sogar erst recht. Umso sicherer schien es ihm zu sein, dass dieser Redfield wohl in der Tat ein passabler Kerl war. So unumstößliche Loyalität von einem so mächtig wirkenden Mann kam nicht von ungefähr. Und selbst wenn, für den Moment konnte er sich sowieso Nur auf das Urteil des Hunters verlassen.
Beruhigt nickte der Hüne. "Das gut", brummte die dunkle Stimme, gab dem vorherigen Gedanken leise Laut, "wenn ein Mann wie du das sagt kann ich das glauben. Dann wird er schon wissen..."
Worauf genau sich seine letzten Worte bezogen, das wusste Yurij selbst nicht so genau, und für den Moment war es auch egal. Zufrieden mit dem was er in Erfahrung gebracht hatte, lehnte der Empath sich wieder zurück, schloss die Augen und ergab sich, vertrauensvoll gegenüber seinem Begleiter, dem bleiernen Nebel des Sedativums in seinem Blut.

Jones nickte. Kurz hatte er das Gefühl, als höbe sich sein Mundwinkel zu einem Lächeln. Ein Blick in den Rückspiegel sagte ihm, dass dem nicht so war. Dann sah er kurz zu dem Kerl neben sich.
Empath. Eindeutig. Inzwischen arbeitete er schon zu lange in diesem Job, um einen PSI nicht zu erkennen. Dieser Mann war nicht geisteskrank, sondern einfach nur unausgebildet. Der Grad vom einen zum anderen war schmal - besonders bei Empathen. Aber wenn das jemand hinbekam, dann Jonathan. Ganz bestimmt.
Irgendwie mochte er den Kerl. Warum auch immer.
"Wenn er dich fragt, ob du bereit bist, für dein Leben an der Schule zu kämpfen", sagte er schließlich und sah wieder auf die Straße, "dann antworte mit ja. Es ist egal ob es stimmt oder nicht. Antworte mit Ja."
Dann schwieg er, beschleunigte den Wagen noch einmal und fuhr sie geradewegs zur Schule. Falsche Antworten in einem Testgespräch mit Redfield würden diesem Mann den letzten Weg verbauen. Mit Sicherheit. Für Yurij gab es nur noch zwei Wege. Der ins Klassenzimmer - oder der in den Tod.

Auch wenn es schien als würde Yurij schlafen, er tat es nicht. Vielmehr genoss er schlichtweg diese Ruhe, die ihm so selten zu Teil wurde und seine geschundene Seele umarmte wie wohltuender Balsam. Alleine dafür hatte die Reise sich schon gelohnt, egal wie es weiter gehen würde. Selbst sein Begleiter tat dem keinen Abbruch. Der Russe war gar versucht das Gegenteil zu denken. Die ruhige, doch kraftvolle Aura des grimmig guckenden Muskelpackets drang selbst durch die alles erdrückende Schwere seiner Medikation und wähnte ihn in ungewohnter, tröstlicher Sicherheit.
Zwar öffnete Yurij die Augen nicht, als die angenehme Stimme des Hunters erklang, doch die eindringlichen Worte zauberten den minimalsten Hauch eines Lächelns auf seine vollen blassen Lippen.
"Dafür muss ich nicht lügen. Mir ist bewusst was die Alternative ist. Doch wenn das der Plan wäre, dann hätte es kaum Sinn mich erst hier zu schicken, nicht?", entgegnete der Empath Mit ruhiger Überzeugung, ohne jede Spur von Überheblichkeit.

Jones sagte nichts mehr. Ganz richtig lag Yurij mit seiner Vermutung nicht, denn zumindest für ihn bestand noch die Möglichkeit, dass er als normaler Mensch diagnostiziert wurde. Damit fiele er nicht mehr in die Zuständigkeit der MSA und würde einfach wieder als Geisteskranker zurück in die Anstalt gehen.
Aber Jones' Gefühl sagte ihm, dass das nicht passieren würde. Er war sicher, dass er neben einem Empathen saß und Redfield würde ihn als solchen erkennen.
Er warf noch einen Blick zu seinem Schützling. Wie entspannt er dasaß. Ein gutes Zeichen. Medikamente hin oder her. Die würde er in Zukunft nicht mehr bekommen, wenn Jones richtig lag. Empathen durften nicht zugedröhnt werden, wenn sie ihre Fähigkeiten kontrollieren sollten. Genausowenig wie jeder andere PSI.
Er richtete den Blick wieder nach vorne und konzentrierte sich schweigend auf die Fahrt. Es dauerte gut eine Stunde, dann nahm er die Autobahnabfahrt. Sie durchquerten eine Stadt und zwei Dörfer, bis endlich das imposante Gebäude der MSA in Sicht kam. Zusammen mit der kleinen Stadt, die sich um sie herum gebildet hatte. Jones wurde von einem Gefühl der Zufriedenheit übermannt. Ihr war er Zuhause ...